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Ein Holodeck für Fliegen, Fische und Mäuse

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Biologen lassen sich von der TV-Serie „Star Trek“ inspirieren und ermöglichen neue Experimente der virtuellen Realität

Ein Holodeck für Fliegen, Fische und Mäuse

Ist der Abstand zwischen den Rezeptoren der B-Zellen auf der Zelloberfläche geringer als 20 Nanometer, erscheint bei der von den Forschern zur Messung verwendeten „Proximity Ligation Assay"-Methode ein rotes Signal. Foto: Kathrin KläsenerDie Forschenden k

Woran orientieren sich Menschen, wenn sie in einer neuen Gegend sind? Wie nutzen sie zum Beispiel Straßenschilder oder Häuser, um einzuschätzen, welche Distanz sie zurückgelegt haben? Kurz: Wie aktualisieren sie ihre mentale Karte? Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler untersuchen solche Fragen bei Tieren, um Grundlagen des räumlichen Denkvermögens zu verstehen. „Doch bisher haben wir die Science-Fiction-Welt um eine Erfindung beneidet: ein Holodeck wie in der Fernsehserie Star Trek“, sagt Prof. Dr. Andrew Straw. Das Holodeck ist ein Raum, der jede beliebige virtuelle Welt simulieren kann. „Solch eine Umgebung erlaubt Experimente, die in der realen Welt nicht möglich sind – etwa die Bewegungen eines Tieres von seiner Wahrnehmung zu entkoppeln“, sagt der Freiburger Biologieprofessor. Gemeinsam mit seiner Kollegin Prof. Dr. Kristin Tessmar-Raible von den Max F. Perutz Laboratories, einer gemeinsame Einrichtung der Universität Wien/Österreich sowie des dortigen Universitätsklinikums, und einem internationalen Team hat Straw eine Art Holodeck nachgebaut und damit neue Möglichkeiten geschaffen, räumliche Kognition zu erforschen. Die Tiere nahmen die simulierten Objekte als echt wahr und änderten ihr Verhalten in unterschiedlichen visuellen Umgebungen. Die Forschungsgruppe beschreibt ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nature Methods“.

Tiere und Menschen nutzen alle Sinneseindrücke, um ihre mentale Karte zu aktualisieren. Jedoch ist jede ihrer Bewegungen untrennbar mit ihren Empfindungen verbunden. Die Forscherinnen und Forscher mussten also die beiden voneinander lösen, um zu verstehen, wie das Gehirn unterschiedliche Informationen verarbeitet. Die Gruppe baute ein flexibles System für Mäuse, Fliegen und Fische – drei Arten, die häufig in Experimenten der Neurobiologie und Verhaltensforschung zum Einsatz kommen. „Wir haben eine umfassende, dreidimensionale virtuelle Realität geschaffen, in der sich die Tiere frei bewegen konnten“, erklärt Straw. „Dadurch konnten wir die von uns vorbereitete visuelle Landschaft mit ihren Handlungen und Wahrnehmungen verbinden.“ Zu den visuellen Landschaften gehören zum Beispiel vertikale Säulen, verschiedene Pflanzen und ein Schwarm so genannter Space Invaders, Figuren aus einem Computerspiel. Mehrere Kameras verfolgten die genaue 3-D-Position des Tieres und nahmen sie auf. Ein Computerprogramm registrierte jede Bewegung des Tieres innerhalb von Millisekunden, sodass immer ein aktuelles Bild an die Wand projiziert wurde. 

Die Forschenden testeten, ob Mäuse virtuelle Höhenangst haben, veränderten und kontrollierten mit visuellen Reizen die Flugrichtung von Fliegen und kreierten Experimente, in denen Fische sich virtuell zwischen zwei unterschiedlichen Welten bewegten und ihr Verhalten je nach visueller Umgebung änderten. In einem weiteren Versuch simulierten sie einen Schwarm von Space-Invader-Figuren, in dem sich ein echter Fisch fortbewegte. Dier Schwarm war so programmiert, dass er den Fisch als einen Teil von sich behandelte, was sich wiederum deutlich auf das Verhalten des echten Tieres auswirkte. Darüber hinaus konnte das Team mit den Versuchen ein fundamentales Problem in der aktuellen Verhaltensforschung lösen: Bisher war es nicht möglich, die Interaktion zwischen mehreren Individuen direkt zu manipulieren. Gemeinsam mit der Gruppe um Prof. Dr. Iain Couzin von der Universität Konstanz und dem Max-Planck-Institut für Ornithologie entwickelten die Forschenden ein fotorealistisches Modell eines schwimmenden Fisches, der computergesteuert werden konnte und belegten, dass echte Fische in den meisten Fällen virtuellen Exemplaren ihrer Artgenossen folgen, wenn diese ihre Schwimmrichtung auf den echten Fisch ausrichten.

Neben den bereits erwähnten Labors waren auch die Gruppe um Dr. Wulf Haubensak vom Institut für Molekulare Pathologie Wien/Österreich und das Team um Prof. Dr. Karin Nowikovsky von der Medizinischen Universität Wien/Österreich beteiligt.

Materialien für die Presse:
https://strawlab.org/freemovr-early-embargoed

Originalveröffentlichung: 
John R Stowers, Maximilian Hofbauer, Renaud Bastien, Johannes Griessner, Peter Higgins, Sarfarazhussain Farooqui, Ruth M Fischer, Karin Nowikovsky, Wulf Haubensak, Iain D Couzin, Kristin Tessmar-Raible, Andrew D Straw: Virtual reality for freely moving animals. In: Nature Methods. DOI: 10.1038/nmeth.4399


Kontakt:
Prof. Dr. Andrew Straw
Institut für Biologie I
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-67685
E-Mail: 

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