Von der Körperzelle zur Keimzelle
Forscher entdecken einen Regulationsmechanismus, der den Modus der Zellteilung in Pflanzen verändert
Ein internationales Wissenschaftskonsortium mit dem Freiburger Pflanzenbiologen Prof. Dr. Thomas Laux hat einen Regulationsmechanismus entdeckt, der dazu führt, dass gewöhnliche Körperzellen der Pflanzen zu Keimzellen zur geschlechtlichen Fortpflanzung werden. Die Forscherinnen und Forscher veröffentlichten ihre Resultate im Fachmagazin „Science".
Im Unterschied zu Menschen und Tieren bilden Pflanzen in der frühen Entwicklung des Embryos keine spezialisierte Zelllinie für die Ausbildung der Keimbahn, die für die Produktion von Keimzellen zuständig ist. Stattdessen werden die Keimzellen aus gewöhnlichen Körperzellen in den Reproduktionsorganen – Staubblätter und Fruchtblätter – der Blüte gebildet. Die Körperzellen stellen dafür den Modus ihrer Teilung um: von der Mitose, bei der die Zahl der Chromosomen im Erbgut erhalten bleibt, zur Meiose, bei der sich diese Zahl halbiert, sodass bei der Fortpflanzung genetische Neukombinationen möglich werden. Diese Umwandlung betrifft jedoch nur eine einzige Zelle in einer Samenanlage, während alle anderen Zellen den mitotischen Modus beibehalten. Pflanzen müssen daher Strategien entwickeln, um diesen Wechsel in ausgewählten somatischen Zellen am passenden Ort und Zeitpunkt zu ermöglichen.
Laux und seine Forschungskolleginnen und -kollegen identifizierten im Modellorganismus Arabidopsis thaliana mehrere Gene, die das Startsignal zur Umschaltung von Mitose auf Meiose geben. Ausgangspunkt der in „Science" vorgestellten Ergebnisse sind Mutanten, die – statt einer einzigen – mehrere Keimzellen pro Samenanlage bilden. Ein Kernpunkt des neu entdeckten Signalwegs ist die Begrenzung der Aktivität des Transkriptionsfaktors WUSCHEL, den das Team von Laux vor mehreren Jahren als wichtigen Regulator von pluripotenten Stammzellen, die sich zu jedem Zelltyp des Organismus entwickeln können, identifiziert hatte. Die Beteiligung von WUSCHEL an der Bildung der Keimzellen ist ein Beleg für eine schon lange aufgestellte, aus paläobotanischen Studien hervorgegangene Hypothese: Das Meristem, also das Stammzellgewebe, des Sprosses und die Samenanlagen sind in der Evolution aus dem gleichen Organ in Vorläuferpflanzen hervorgegangen. Der nun entdeckte neue Regulationsmechanismus zeigt auf, wie die Pflanze das Umschalten auf das Keimzellenprogramm so begrenzt, dass nur eine Keimzelle entsteht, während die umliegenden Zellen andere Aufgaben übernehmen können.
Thomas Laux ist Laborleiter am Institut für Biologie III und Mitglied des Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies der Universität Freiburg.
Originalpublikation:
Xin'Ai Zhao, Jonathan Bramsiepe, Matthias Van Durme, Shinichiro Komaki, Maria Ada Prusicki, Daisuke Maruyama, Joachim Forner, Anna Medzihradszky, Erik Wijnker, Hirofumi Harashima, You Lu, Anja Schmidt, Daniela Guthörl, Rosa Sahún Logroño, Yonsheng Guan, Gaetan Pochon, Ueli Grossniklaus, Thomas Laux, Tetsuya Higashiyama, Jan U. Lohmann, Moritz K. Nowack, Arp Schnittger (2017): RETINOBLASTOMA RELATED1mediates germline entry in Arabidopsis In: Science. DOI: 10.1126/science.aaf65
Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Laux
Institut für Biologie III / BIOSS Centre for Biological Signalling Studies
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-2943
E-Mail: laux@biologie.uni-freiburg.de