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Knobeln an Zellmolekülen

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Im Master Lab haben Studierende die Möglichkeit, selbstständig auf dem Gebiet der biologischen Signalstudien zu forschen

Knobeln an Zellmolekülen

Maja Banks-Köhn, Henning Amelia Kutschera und Max Wiehl schnuppern Laborluft – Wilfried Weber (Mitte) leitet die Masterstudierenden an. Foto: Thomas Kunzund Johanna Pink (von links). Fotos: Jürgen Gocke, Hans-Peter Fischer, Thomas Kunz

Den Laboralltag erleben, Projektanträge schreiben und viel knobeln: Mit dem neuen Format „Master Labs“ der Universität Freiburg lernen Studierende, wie sie eigenständig Forschungsprojekte erarbeiten und umsetzen können. Dabei müssen sie tief in die Materie eintauchen – und auch mal Auswege aus der Sackgasse suchen. Ein Besuch im Labor des Exzellenzclusters CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies.

„Als es dann auf einmal hieß‚ ich solle Oligos entwerfen, damit ich mein Plasmid designen kann, da dachte ich: Wie stelle ich das bitte an?“ Von Plasmiden, diesen ringförmigen DNA-Stücken, hatte Max Wiehl bereits in Vorlesungen und bei Praktika gehört. Aber nun sollte der Freiburger Student eine Erbgutsequenz für sein eigenes Experiment am Computer erstellen. „Meist bekommen wir im Studium solche Aufgaben mit Anleitung und klarem Ausgang. Aber im Master Lab muss ich mir eigenständig zusammensuchen, wie das geht“, sagt Wiehl. Er ist überzeugt, dass er so das nötige Handwerk erlernt. Im ersten Master Lab des Exzellenzclusters CIBSS üben er und weitere elf Studierende das wissenschaftliche Arbeiten: Sie formulieren eigene Fragestellungen, entwerfen Forschungspläne und setzen sie um – unter enger Anleitung von erfahrenen Forschenden.

Französische und deutsche Tandems

Die Studierenden mussten sich vorab bewerben, um einen Platz im Programm zu ergattern, das von Juni bis Dezember 2019 erstmals stattfand. Dabei kamen nicht nur Masterstudierende aus Freiburg zum Zug: Auch Studierende des EUCOR-Partners Strasbourg durften sich bewerben. Im Freiburger Labor bieten drei Arbeitsgruppen aus der chemischen und synthetischen Biologie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Einblick in die Forschung an molekularen Signalen: Prof. Dr. Maja Banks-Köhn, Prof. Dr. Barbara Di Ventura und Prof. Dr. Wilfried Weber bildeten jeweils Tandems aus französischen und deutschen Studierenden und gaben ihnen Forschungsaufgaben, die so genannten Challenges.

„Welche uns interessieren, konnten wir im Sommer selbst aussuchen“, erzählt die Studentin Amelie Kutschera, die im Labor von Banks-Köhn an einer Challenge zu Enzymen namens Phosphatasen forscht. Kutschera und ihr Laborpartner sollen die Proteine in eine Membran integrieren: „Wir entwickeln ein realistisches in-vitro-System für dieses Enzym: Damit es besser erforscht werden kann, fügen wir es in eine Art Vesikel ein“, beschreibt sie. „Das könnte eines Tages dabei helfen, Medikamente gegen Darmkrebs zu entwickeln.“ Kutschera studiert an der École Supérieure de Biotechnologie de Strasbourg (ESBS) der Universität Strasbourg/Frankreich. Die französischen Studierenden kommen für zwei Wochen im Sommersemester und für fünf Wochen im Wintersemester nach Freiburg. „Für diese Zeit finanzieren uns die Universitäten über den Verbund EUCOR ein Zimmer im Hostel“, berichtet Kutschera.


Drauf schreiben, was drin steckt: Im Master Lab setzen Studierenden eigene Experimente um. Foto: Thomas Kunz

Vorbereitung auf die Masterarbeit

Nachdem sie sich für eine der Challenges entschieden hatten, entwarfen die Studierenden in der Blockveranstaltung im Sommer zunächst einen Forschungsplan. „So läuft es auch oft am Anfang einer Doktorarbeit“, erklärt Dr. Hanna Wagner, Koordinatorin des Master Labs bei CIBSS. „Das Programm bereitet die Studierenden darauf vor, was sie in der Masterarbeit erwartet. Auch wenn sie promovieren möchten, haben sie dann schon erste Kontakte und Erfahrungen gesammelt – und bereits eine Konferenz besucht.“ Kutschera und Wiehl sind im Herbst gemeinsam zu einer Fachtagung nach Heidelberg gefahren: „Wir waren die einzigen Studierenden dort. Das war wirklich etwas Besonderes“, erinnert sich Kutschera, „so eine Chance bekommen im Studium die Wenigsten.“ Während der vier Tage konnten sich die beiden darauf konzentrieren, den Stand der Forschung auf ihrem Gebiet kennenzulernen, sich mit Promovierenden auszutauschen und Kontakte zu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu knüpfen. Das sei ein wichtiger Schritt auf ihrem zukünftigen Karriereweg gewesen.

Planungen in die Praxis umsetzen


Auch die so genannten Soft Skills kommen im Master Lab nicht zu kurz: In eigens für sie erarbeiteten Kursen lernen die Studierenden im Laufe des Wintersemesters, worauf es beim Vorträge halten und bei gutem Zeit- und Projektmanagement ankommt. „Für unseren Antrag mussten wir einen präzisen Zeitplan erstellen und benennen, wann wir mit welchen Erfolgen rechnen“, erklärt Wiehl. Sein und Kutscheras Forschungsantrag wurde genehmigt, und so konnten die beiden im November damit beginnen, ihre Ideen umzusetzen. „Das ist eine spannende Phase für die Studierenden, weil sie jetzt in der Praxis überprüfen können, ob ihre Planung erfolgversprechend war“, sagt Wagner.


„Dieses Knobeln, das macht mir am meisten Spaß“, sagt Amelie Kutschera über die Arbeit im Master Lab. Foto: Thomas Kunz

Bis Ende Dezember arbeiten die Teams an ihren Projekten. „Einige von uns wollen mit ihrer Masterarbeit daran anknüpfen“, sagt Wiehl. Bei seinem Experiment in Webers Labor will er ein Protein, das für das Wachstum von Zellen und Blutgefäßen verantwortlich ist, an ein lichtempfindliches Molekül koppeln. Optogenetik heißt diese Technologie. Mit blauem Licht lässt sich das Protein an- und ausschalten und somit das Wachstum von Zellen präzise steuern. Die Rolle dieses Proteins bei der Tumorentwicklung zu klären ist das Ziel der weiteren Forschung auf diesem Gebiet.

Neue Ideen und Ansätze liefern

„Dieses Knobeln, das macht mir am meisten Spaß“, sagt Kutschera. Steht die Challenge fest, müssen die Studierenden Originalliteratur lesen, Techniken recherchieren, Probleme erfassen und einen möglichen Lösungsweg vorschlagen. „Hier muss man richtig in die Materie eintauchen – viel mehr denken und viel mehr kombinieren als sonst in meiner Studienzeit“, betont Kutschera. Auch Kreativität ist gefragt, findet Wiehl: „Die Betreuerinnen und Betreuer sind sehr offen für neue Ideen und Ansätze. Der Ausgang des Projekts steht vorher nicht fest.“


Vier Wochen bleiben Max Wiehl, um seine Hypothese über Zellwachstum zu überprüfen.
Foto: Thomas Kunz

Das heißt auch, dass es manchmal schiefgehen kann und die Studierenden die Technik optimieren oder den Plan anpassen müssen. Deshalb lernen sie im Master Lab auch, wie sie aus einer Sackgasse wieder herausfinden. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Projekte erfolgreich sein werden“, sagt Weber. „Vielleicht nicht unbedingt mit dem ursprünglich geplanten Lösungsansatz. Wenn ich jedoch sehe, wie viel Engagement und Kreativität die Studierenden in diesem Projekt entwickeln, bin ich mir sicher, dass sie Hindernisse sportlich sehen und schnell neue Ideen finden, um sie zu überwinden.“

Wiehls Plasmide sind mittlerweile fertiggestellt. Mit etwas Starthilfe von seinem Betreuer weiß er nun, wie er in Datenbanken die Informationen findet, die er braucht, und das Computerprogramm bedient. Die benötigten kurzen DNA-Stücke hat er entworfen und bestellt. Bereits am Ende der ersten Projektwoche streift er sich den Laborkittel über und beginnt mit den Versuchen. Wird sein Lösungsweg für die Kontrolle des Zellwachstums mit Licht funktionieren? Vier Wochen bleiben ihm, um das herauszufinden.

 

Mathilde Bessert-Nettelbeck

 

Master Labs

In fächerübergreifenden Teams forschen lernen: Besonders motivierte und leistungsstarke Masterstudierende erhalten die Möglichkeit, in Master Labs unter wissenschaftlicher Anleitung erste eigenständige Forschungserfahrungen zu sammeln und sich damit auf eine spätere Promotion vorzubereiten. Im Vordergrund stehen die Vernetzung und der Austausch mit anderen Masterstudierenden, Promovierenden und Forschenden sowie die Entwicklung eigener Forschungsfragen und -strategien. Das Programm umspannt zwei Semester und besteht aus Blockveranstaltungen. Es ist das erste seiner Art an der Universität Freiburg und wurde 2019 bei dem Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies etabliert. Ein weiteres Maste Lab soll im Freiburger Exzellenzcluster Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems – livMatS entstehen. Für das Sommersemester 2020 können sich Masterstudierende der Biologie, Chemie und Pharmazie sowie der École Supérieure de Biotechnologie de Strasbourg für das Master Lab bei CIBSS bewerben.

CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies

 

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