Umsteigen auf Licht
Mit ihrem neuen Werkzeug für die Synthetische Biologie lassen Freiburger Forschende Bakterien Fotos entwickeln
Bildunterschrift siehe Text. Foto: Universität Freiburg/Barbara Di Ventura erschienen in Nature Chemical Biology, Original: Warner Bros. Pictures
So wie in Bäckereien Hefepilze als einzellige Helfer arbeiten, gehört das Bakterium Escherischia coli in jedes biotechnologische Labor. Zwei Teams um Prof. Dr. Barbara Di Ventura, Professorin für biologische Signalforschung an der Universität Freiburg, und Prof. Dr. Mustafa Hani Khammash, Professor für Regelungstheorie und Systembiologie an der ETH Zürich/Schweiz, haben ein neues so genanntes optogenetisches Werkzeug entwickelt, das eine Standardmethode der Biotechnologie vereinfacht: Anstatt wie bisher den Bakterien Zucker zuführen zu müssen, können die Forschenden sie nun einfach mit Licht bestrahlen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten Di Ventura, Khammash und ihre Teams mit den Erstautoren Edoardo Romano und Dr. Armin Baumschlager, in Nature Chemical Biology.
„Wir haben das neue System BLADE – blue light-inducible AraC dimers in Escherichia coli – genannt“, erklärt Romano. Der PBAD Promoter ist ein Bestandteil eines genetischen Schaltkreises, der die Verstoffwechselung des Zuckers Arabinose in Bakterien regelt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verwenden PBAD, um die Expression bestimmter Gene in dem Bakterium E. coli zu steuern. So lassen sich gezielt Proteine produzieren und Signalvorgänge in den Bakterien erforschen. „Dieses neue lichtgesteuerte Konstrukt kann Arabinose-Systeme ersetzen. Das soll die Nutzung von Optogenetik für die Mikrobiologie vereinfachen“, erklärt Di Ventura, die Mitglied im Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies und bei BIOSS – Centre for Biological Signalling Studies ist.
Die Optogenetik nutzt Proteine, die auf Licht reagieren, um Zellfunktionen zu steuern. „BLADE soll in der Synthetischen Biologie, Mikrobiologie und Biotechnologie zum Einsatz kommen. Wir zeigen, unser Werkzeug lässt sich zielgerichtet anwenden, ist schnell und reversibel.“, kommentiert Di Ventura. Um nachzuweisen, wie präzise BLADE auf Licht anspricht, erstellten Di Ventura und ihre Team Bakteriografien: Bilder, die von Bakterienkulturen erzeugt werden. BLADE besteht aus einem lichtsensiblen Molekül und einem Transkriptionsfaktor: ein Protein, dass die DNA an einer sogenannten Promoterregion bindet, und steuert, ob das entsprechende Gen von der Zellmaschinerie gelesen wird. Die Forschenden fügten an dieser Stelle ein Gen für ein fluoreszierendes Protein ein, um die Bakteriografien zu erstellen.
Durch die die Maske eines auf einem Petrischalen-Deckel geklebten Fotos hindurch, belichteten die Freiburger Wissenschaftler den Bakterienrasen. An der Stelle, an der die Bakterien beleuchtet wurden, fluoreszierten sie, weil BLADE aktiviert wurde: Die Bilder entstanden unter dem Fluoreszenzmikroskop. In einem anderen Experiment steuerten die Forschenden mit BLADE Gene, welche die Kolibakterien länglicher, dicker und stäbchenförmig machten. Die Veränderungen ließen sich sogar rückgängig machen: Die Zellen nahmen nach vier Stunden ohne Licht wieder ihre ursprüngliche Form an. Auf diese Weise lassen sich viele andere Gene mit dem System untersuchen – auch Gene, die nicht aus E. coli stammen.
Di Ventura hat eine der Kernprofessuren am BIOSS – Centre for Biological Signalling Studies und koordiniert den Forschungsbereich C: Wiederaufbau und Biotechnologie. Im Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies ist Di Ventura an der Entwicklung von sogenannten „Control-of-Function“-Technologien wie etwa optogenetischen Werkzeugen beteiligt.
CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies
BIOSS – Centre for Biological Signalling Studies
Originalpublikation:
Romano, E., Baumschlager, A, Akmeric, E., Palanisamy, N., Houmani, M., Schmidt, G., Öztürk, M.A., Ernst, L., Khammash, M., Di Ventura, B. (2021): Engineering AraC to make it responsive to light instead of arabinose. In: Nature Chemical Biology- DOI: 10.1038/s41589-021-00787-6
Bildunterschrift:
Forschende der Universität Freiburg und der ETH Zürich/Schweiz haben ein neues optogenetisches Werkzeug entwickelt und seine Wirksamkeit mit einer Bakteriografie des Filmposters von Blade Runner (1982) demonstriert. Foto: Universität Freiburg/Barbara Di Ventura erschienen in Nature Chemical Biology Original: Warner Bros. Pictures
Kontakt:
Prof. Dr. Babara Di Ventura
Institut für Biologie II
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-2764
barbara.diventura@biologie.uni-freiburg.de